Prof. Michaela Müller-McNicoll und Prof. Martin Beck, Sprecher*innen von SCALE, über den Tag der Entscheidung und über neue Ideen
UniReport: Herzlichen Glückwunsch, Frau Müller-McNicoll und Herr Beck, sind Sie noch euphorisiert ob des Erfolges von SCALE in der ExStra?
Michaela Müller-McNicoll: Ja, unsere Laune ist sehr gut, wir sind gerade auf dem Weg zum Hessischen Wissenschaftsministerium, wo Minister Gremmels uns und alle anderen Clustervertreter*innen empfangen wird.
Wie und wo haben Sie die Entscheidung verfolgt, hat das in einem glamourösen Rahmen stattgefunden?

MMM: Das wäre schön gewesen (lacht). Nein, so glamourös war es nicht. Ich habe mit meiner Kollegin Inga Hänelt, Ko-Sprecherin von SCALE, und einigen Leuten aus dem Team zusammengesessen, um die Liveübertragung anzuschauen.
MB: Ich habe mich gut abgelenkt, ich war zu dem Zeitpunkt im Retreat, wusste daher gar nicht genau, was gerade passiert, habe es mir nicht live angeschaut.
MMM: Es war wirklich nervenaufreibend, Inga und ich sind zwischendurch auf den Feldberg gefahren, weil wir es nicht mehr ausgehalten haben.
Bei SCALE handelte es sich ja um einen Erstantrag. Wie sind dann die Erwartungen: Geht man vom Gefühl als Außenseiter an den Start oder kann man gerade in Konkurrenz zu den ›alten Hasen‹ mit Neuem punkten?

MB: Im Vorauswahlverfahren waren wir sicherlich Außenseiter und wir waren auch relativ spät dran. Im Hauptverfahren waren wir schon selbstbewusster, wir dachten: Unser Forschungsprogramm ist gut, da müssen die etablierten Cluster erstmal mithalten.
MMM: Aber wir waren am Anfang schon Underdogs, aber das hat uns zugleich auch Schwung gegeben, mal etwas Neues zu machen, was es so bisher noch nicht auf dem Campus Riedberg gegeben hat.
Die Goethe-Universität Frankfurt war Antragstellerin, es sind aber einige Partner dabei wie Max-Planck-Institut für Biophysik (MPIBP), das Max-Planck-Institut für Hirnforschung (MPIBR), das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS), die Universität des Saarlandes und auch Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit den vielen Partnern?
MB: Ich denke, die Zusammenarbeit hat insgesamt gut geklappt. Es sind ja vor allem Institute vom Campus Riedberg, die stark vertreten sind. Die arbeiten schon zusammen und kennen sich gut. Weitere Expertise haben wir uns dann aus Mainz und aus dem Saarland dazugeholt.
MMM: Ja, das würde ich auch so sehen. Die PIs kannten sich bereits aus verschiedenen Konsortien. Zudem sind einige Beteiligte auch mehr als Einzelpersonen denn als Institutionen Teil von SCALE.
SCALE will die Selbstorganisationsprinzipien der Zelle aufdecken und eine räumlich wie zeitlich hochaufgelöste Simulation der Zelle erstellen. Könnte man sagen, dass es dabei darum geht, das Unsichtbare sichtbar zu machen?
MB: Ja, das könnte man so sagen. Es gibt Mechanismen in Zellen, die so komplex sind, dass es schwierig wird, diese noch mit dem menschlichen Verstand zu erfassen. Eine Möglichkeit, die Komplexität der Zelle besser zu verstehen, sind computerbasierte Simulationen, welche diese Komplexität erfassen, um dann auch Vorhersagen zu machen, die experimentell getestet werden.
MMM: Bei SCALE geht es auch darum, neue Technologien zu entwickeln, um Lücken in unserem Wissen zu schließen. Wir wissen schon ziemlich gut, wie einzelne Proteinkomplexe arbeiten und auch, wie ganze Zellen organisiert sind. Aber dazwischen gibt es noch viele offene Fragen. Mit Computersimulationen wollen wir sichtbar machen, was in diesem Zwischenbereich passiert – und gleichzeitig prüfen, ob wir alles ausreichend verstanden haben.
SCALE möchte zum Verständnis und damit auch zu neuen Heilungsansätzen von Krankheiten beitragen – Grundlagenforschung und Anwendungsfragen gehen quasi Hand in Hand?
MB: Richtig. SCALE hat fünf biologische Anwendungsgebiete, dazu gehören beispielsweise neurodegenerative Krankheiten und auch die Frage, wie Bakterien gegen bestimmte Antibiotika resistent werden können.
Förderbeginn ist der 1. Januar 2026 – bis dahin ist die Finanzierung von SCALE auch gesichert?
MB: Wir müssen sofort anfangen, unser Forschungsprogramm zu implementieren. Dafür müssen wir auf die Mittel zurückgreifen, die uns jetzt zur Verfügung stehen. Wir müssen anfangen, Stellen auszuschreiben; sowohl für unterstützende Teams als auch für Professuren. Ausschreibungsverfahren brauchen Zeit.
Forschung ist das eine, zum anderen sind Sie administrativ-organisatorisch auch sehr stark gefragt.
MB: Ja, aber das war bereits die ganze Zeit so.
MMM: Jetzt wird es aber noch konkreter. Wir müssen das Budget genau festlegen und überlegen, welche technischen Geräte noch angeschafft werden müssen. Da kommt einiges auf uns zu. Ein großer Vorteil für uns ist: Mit dem CPI gibt es in Frankfurt bereits einen sehr erfahrenen Forschungscluster. Von denen können wir sicher noch viel mitnehmen. Ein regelmäßiger Austausch wird da sehr wertvoll sein.
MB: Wir haben im Vorfeld bereits öfter mit CPI-Sprecherin Stefanie Dimmeler gesprochen, auch um Synergien auszuloten, wo es gemeinsame Projekte gibt und auch, wo man sich abgrenzen muss. Das wird jetzt natürlich alles noch viel konkreter werden.
MMM: Und wir haben uns natürlich auch gegenseitig herzlich gratuliert. Von Stefanie Dimmeler kam viel Wertschätzung – das war sehr schön. Man sollte an dieser Stelle ruhig mal betonen: In beiden Frankfurter Clustern stehen Frauen an der Spitze!